13.12.
11.12.2010 Von Fabian Reinbold
Ärger unter der Reichstagskuppel
Die Bundestagsverwaltung soll Scheinselbstständige beschäftigt haben – jetzt klagen frühere Mitarbeiter vor Gericht
Berlin – Dem Bundestag droht Ärger vor Gericht: Zwei Abteilungen der Parlamentsverwaltung werden vor dem Berliner Arbeits- und Sozialgericht durchleuchtet. Ehemalige Mitarbeiter behaupten, die Verwaltung habe jahrelang getrickst, um Sozialabgaben zu sparen und ihnen Arbeitnehmerrechte zu verwehren.
Nach Informationen des Tagesspiegels will die Deutsche Rentenversicherung für einen früheren Mitarbeiter Sozialabgaben in fünfstelliger Höhe nachfordern – und führt momentan eine vorgezogene Betriebsprüfung in der Bundestagsverwaltung durch. Zwei ehemalige Beschäftigte, die als Honorarkräfte tätig waren, haben den Bundestag beim Arbeitsgericht auf Festeinstellung verklagt.
Der Bundestag weist die Vorwürfe zurück und hat seinerseits vor dem Sozialgericht gegen die Nachzahlung geklagt. Doch die Parlamentsverwaltung muss die Prozesse fürchten, weil das System, über das dort verhandelt wird, offenbar bei Dutzenden Beschäftigten zur Anwendung kam. Die entscheidende Frage lautet: Waren die Beschäftigten zu Recht als „selbstständige Honorarkräfte“ geführt oder handelt es sich um rechtswidrige Scheinselbstständigkeit?
Scheinselbstständigkeit ist in vielen Branchen ein Problem. Firmen nutzen sie, um die Zahl der Mitarbeiter zu erhöhen, ohne feste Anstellungsverhältnisse einzugehen. Doch das Gesetz verbietet, Mitarbeiter über einen langen Zeitraum anzustellen, ohne sie zu versichern und Sozialabgaben zu zahlen. Besonders brisant wird es, sollte der Bundestag systematisch seine eigenen Gesetze missachten.
In der Bundestagsverwaltung arbeiten rund 2600 Menschen. Mitarbeiter der Referate Besucherdienst im Reichstagsgebäude und Öffentlichkeitsarbeit berichten von zwei Arbeitswelten, einer formal-korrekten in den Verträgen, und einer völlig anderen in der Realität. Beide Abteilungen beschäftigen momentan 105 Honorarkräfte mit einem jährlichen Etat von knapp zwei Millionen Euro. Aufträge erhält nur, wer sich als selbstständig deklariert. Die Honorarkräfte bekommen Rahmenverträge und Einzelaufträge.
Doch offenbar waren manche Beschäftigte über Jahre hinweg ausschließlich für den Bundestag tätig und laut Klageschrift direkt in die innere Organisation eingebunden und an Dienstanweisungen gebunden – genau so lautet die Definition von Scheinselbstständigkeit. Und entscheidend ist nicht der Vertrag, sondern die Praxis. Der Sozialrechtler Karl-Jürgen Bieback von der Universität Hamburg sagt: „Vor Gericht kommt es alleine darauf an, wie das Arbeitsverhältnis praktiziert wird.“
Die Zustände im Referat Öffentlichkeitsarbeit haben bereits Misstrauen bei Parlamentariern geweckt. Der SPD-Abgeordnete Ottmar Schreiner fragte bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nach, ob Scheinselbstständige beschäftigt und gegen Vergaberichtlinien verstoßen werde. Die offizielle Antwort Lammerts lautete: alles in Ordnung.
Doch interne Dokumente, die dem Tagesspiegel vorliegen, zeigen, dass die Verwaltung kurz nach der offiziellen Antwort begann, die Arbeitsorganisation zu korrigieren. „Aus haushalts- und vergaberechtlichen Gründen“ wurden Aufträge in der Öffentlichkeitsarbeit nun ausgeschrieben, die Zahl der Honorarkräfte wurde fast verdoppelt. Besucher der Reichstagskuppel sollten statt von freiberuflichen Studenten nun von studentischen Mitarbeitern betreut werden – um dem Eindruck der Scheinselbstständigkeit entgegenzuwirken. Auf Nachfragen misstrauischer Beschäftigter hieß es ausweichend: Es gebe Gründe, warum man manche Informationen an Honorarkräfte nicht schriftlich weitergeben könne.
Schon einmal gab es eine Scheinselbstständigen-Affäre bei einem Verfassungsorgan. Der Bundesrat hatte 15 Mitarbeiter seines Besucherdienstes ebenfalls als „selbstständige Honorarkräfte“ arbeiten lassen. Er musste 15 000 Euro an die Rentenversicherung nachzahlen und wurde nach einer erfolglosen Klage dagegen im vergangenen Jahr vom Sozialgericht Berlin gerügt: Er habe „grob fahrlässig“ gehandelt und dem Gericht nur „verschwommene Auskünfte“ erteilt.
Beim Fall im Bundestag geht es bereits jetzt um höhere Nachzahlungen und mehrere betroffene Abteilungen. Unabhängig davon, wie die Prozesse ausgehen, scheint eines klar: Die Bundestagsverwaltung hat Honorarkräfte in einer rechtlichen Grauzone arbeiten lassen, die zu großen Unsicherheiten bei den Betroffenen geführt hat.
Falls selbst „der Deutsche Bundestag prekäre Beschäftigungsverhältnisse fördert“, hatte SPD-Mann Schreiner an den Bundestagspräsidenten geschrieben, „so wäre dies ein denkbar schlechtes Signal.“ Schreiner hat nun einen zweiten Brief an Lammert geschrieben – er fordert Einsicht in die internen Prüfberichte der Verwaltung. (tsp.)
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Vatkan und wikileaks
Es ist aufgefallen, dass der Vatikanstaat nicht sofort in den Depeschenskandal verwickelt war. Galt er als kleines Land nicht erstrangig? Jetzt scheinen die wenigen Besitzer aller Dokumente zu Unterlagen vorgestoßen zu sein, welche die Einschätzung des Vatikans durch die US-Diplomatie wiedergeben. Um den Papst seiern Jasager, die zu einer konstruktiven Zusammenarbeit unfähig seien. Der geistliche Staat sei turkophob und antisemitisch, er würde von alten Männern beherrscht, die ein italozentrisches Weltbild hätten und technophob seien, sichtbar daran, dass die wenigsten per e-mail zu erreichen seien. Einzig Regierungssprecher Federico Lombardi sei in der Lage ein Blackberry zu bedienen.
BlackBerry (übersetzt: Brombeere) ist ein tragbares Gerät (Smartphone), speziell zum Lesen und Schreiben von E-Mails. Die von dem kanadischen Unternehmen Research In Motion (RIM) entwickelte Lösung für drahtlose Kommunikation und Verwaltung persönlicher Daten (Personal Information Manager) umfasst eine Client-Server-Architektur, ein proprietäres Protokoll zwischen Clients und Servern und eine Serie von Endgeräten (Smartphones) von RIM. Die Netzverbindung wird über eine GPRS/EDGE-, UMTS- oder WLAN-Anbindung hergestellt.(wikipedia)
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13. Dezember 2010
Da ist das Unwort wieder: Steinbrück nennt Länderhilfen für HSH Nordbank „alternativlos“
Kiel – Die Milliardenhilfen der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg für die HSH Norbank sind nach Ansicht des ehemaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD) alternativlos gewesen. „Es war von vorneherein klar, dass für die Altlasten der HSH Nordbank der SoFFin nicht zur Verfügung steht“, sagte Steinbrück am Montag vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank in Kiel.
Voraussetzung für die vom Bankenrettungsfonds gewährten Liquiditätsgarantien seien die Herbeiführung einer Kernkapitalquote von mindestens acht Prozent und die Restrukturierung der Landesbank gewesen, sagte Steinbrück. Der Landesbank sei es im Zuge der Finanzkrise „offenbar nicht leicht“ gefallen, diese Bedingungen zu erfülle. Eigenkapital vom SoFFin hätte es nur im Falle einer rechtlichen Aufsplittung der Bank für die Kernbank geben können, nicht aber für die Abbaubank.
Ausschüsse in Kiel und Hamburg wollen die politischen Verantwortlichkeiten für die Misere der Landesbank von Schleswig-Holstein und Hamburg aufklären. Die Bank war 2008 nach riskanten Geschäften im Zuge der Finanzkrise tief in die roten Zahlen geraten. Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein mussten mit drei Milliarden Euro Eigenkapital und einer Garantie von zehn Milliarden Euro einspringen. Die HSH Nordbank will die staatlichen Garantiesummen ab 2011 zurückgeben.
AP
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Letztes Wort
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„Damn it! Don’t you dare ask God to help me.“ („Verdammt noch mal! Wagen Sie es ja nicht, Gott um Hilfe für mich zu bitten.“) [zu ihrer Haushälterin, die laut zu beten begann]
Joan Crawford, US-amerikanische Schauspielerin, 1977
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