berliner abendblätter 2.00 am 7.11.

7.11.
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Acht Stunden Verspätung der elf Tschernobyls
12:37 Uhr: Castor-Transport bei Celle erneut von Demonstranten aufgehalten
Der Castor-Transport ist auf seinem Weg nach Gorleben ein weiteres Mal von Atomkraftgegnern aufgehalten worden. Wie ein Sprecher des Lagezentrums der Polizei in Lüneburg auf Anfrage bestätigte, musste der Zug nur wenige Kilometer nach einem technischen Aufenthalt in Lehrte bei Hannover erneut in Otze bei Celle stoppen, weil sich Menschen im Gleisbett aufhielten. Die Weiterfahrt des Zuges über Lüneburg zur Umladestation Dannenberg war zunächst unklar. Wegen der zahlreichen und massiven Proteste hatte der Zug mit den Castor-Behältern bereits eine Verspätung von mindestens acht Stunden.
11:09 Uhr: Der Castortransport geht weiter
Nach einem knapp zweistündigen Zwischenstopp in Lehrte bei Hannover rollt der Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll weiter in Richtung Wendland. Die vorab eingeplante Pause des Zuges, bei der am Sonntagvormittag Personal und Lokomotive ausgetauscht wurden, verlief nach Angaben der Polizei ohne Zwischenfälle. „Es war alles ruhig“, sagte eine Sprecherin. Gegen 10.45 Uhr setzte der Zug seinen Weg nach Lüneburg fort. Von dort aus sollte er nach Dannenberg weiterfahren, wo die elf Castoren für die letzten 20 Kilometer ins Zwischenlager Gorleben auf Lastwagen verladen werden. Entlang dieser Strecke kam es zu ersten Krawallen.
10:31 Uhr: Brennendes Räumfahrzeug
Augenzeugen berichteten, dass Demonstranten ein panzerähnliches Räumfahrzeug der Polizei an dem Transportweg nahe Hitzacker an der Elbe mit Teer übergossen und anzündeten. „Die Situation ist noch nicht unter Kontrolle“, sagte ein Polizeisprecher zur unübersichtlichen Lage im Wald bei Leitstade, wenige Kilometer vor der Umladestation in Dannenberg. Es soll auch erste Verletzte geben.
10:08 Uhr: Erste Krawalle bei Blockaden
Die Polizei berichtete, 3000 bis 4000 Demonstranten hätten in einem Waldgebiet nahe Hitzacker an der Elbe versucht, auf die Schienen der Transportstrecke zu kommen. Die Einsatzkräfte seien massiv angegriffen worden, auch mit Reizspray, sagte eine Sprecherin. Die Polizei wiederum setzte unter anderem Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Die Demonstranten sprachen von rund einem Dutzend Verletzten. Wasserwerfer sollen im Einsatz gewesen sein – allerdings nur, um ein Feuer zu löschen.
09:57 Uhr: Polizei setzt Schlagstöcke ein
Hunderte Atomkraftgegner der Initiative „Castor Schottern“ haben die Bahnstrecke zum Atommülllager Gorleben im Kreis Lüchow-Dannenberg erreicht und sind dort auf starke Polizeikräfte gestoßen. Die Demonstranten formierten sich auf etwa zwei Kilometern Länge entlang der Gleise nahe Leitstade zwischen Dahlenburg und Hitzacker. Es gab Auseinandersetzungen, teilweise setzte die Polizei Schlagstöcke ein. Auch ein Wasserwerfer war im Einsatz. Nördlich und südlich der Bahnstrecke hatten sich nach Angaben der Initiative am frühen Sonntagmorgen rund 2500 bis 3000 Atomkraftgegner auf den Weg gemacht, um Steine aus dem Gleisbett zu holen und die Schienen für den Castor-Zug zu blockieren. Die Protestierer starteten zu Fuß in den Aktivisten-Camps Metzingen und Köhlingen.
09:00 Uhr: Castor hat Hannover erreicht
Der Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommülll hat am Sonntag um kurz vor 09.00 Uhr Hannover erreicht. Wie eine Sprecherin der Polizeidirektion berichtete, sollte der Zug in Lehrte östlich der Landeshauptstadt eine längere Pause von ein bis zwei Stunden machen, um Personal zu tauschen und die Lok zu wechseln. Auf seiner Fahrt von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben zum dortigen Atommülllager musste er mehrmals wegen Blockaden anhalten. Im niedersächsischen Wendland erwarten ihn zehntausende Atomkraftgegner, die teilweise weitere Blockaden sowie Sabotageaktionen gegen Straßen und Gleise planen.
08:19 Uhr: Polizei räumt Trecker-Blockade
Vor der Ankunft des Castor-Transports in der Region um Gorleben hat die Polizei mit der Räumung einer Blockade von Traktoren in Splietau begonnen. Den Landwirten war eine Frist bis 08.00 Uhr zum Entfernen ihrer Fahrzeuge gesetzt worden, wie eine Sprecherin der Einsatzleitung in Lüneburg sagte. Geschützt von Polizeikräften sollte ein Abschleppunternehmen zunächst vier die Straße versperrende Traktoren wegschaffen. Mehr als 50 weitere, am Rand der Landesstraße 256 stehende Traktoren könnten dann von ihren Besitzern weggefahren werden. Falls dies nicht geschehe, seien möglicherweise weitere Maßnahmen notwendig, sagte die Sprecherin.
08:07 Uhr: 3000 Atomkraft gegner auf dem Weg zum Schottern
Nördlich und südlich der Bahnstrecke zum Atommülllager Gorleben im Kreis Lüchow-Dannenberg haben sich nach Angaben der Initiative „Castor Schottern“ am frühen Sonntagmorgen rund 2500 bis 3000 Atomkraftgegner auf den Weg gemacht, um Steine aus dem Gleisbett zu holen und die Schienen für den Castor-Zug zu blockieren. Die Protestierer starteten zu Fuß in den Aktivisten-Camps Metzingen und Köhlingen. Der Zug mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atommüll hatte um 07.15 Uhr die Landesgrenze nach Niedersachsen überquert.
07:15 Uhr: Castor erreicht Niedersachsen
Auf seinem Weg ins Zwischenlager Gorleben hat der Castor-Transport Niedersachsen erreicht. Wie die Polizei mitteilte, überquerte der Zug mit den elf Spezialbehältern auf dem Weg Richtung Göttingen die Landesgrenze. Auf seiner Etappe durch Hessen war der Transport zuvor von Atomkraftgegnern südlich von Kassel fast zwei Stunden lang aufgehalten worden: Zwei Castor-Gegner seilten sich von einer rund 75 Meter hohen Fuldatalbrücke über den Gleisen ab. Außerdem blockierten rund 50 Demonstranten die Schienen.
stern-ticker
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So., 7.11., 11:00 Uhr, Stuhlprobe
Graue Zellen, grau – schlau – unbequem
Der Gorleben-Widerstand hat uns grau gemacht – grau und schlau.
Unbequem waren wir schon immer. Jetzt machen wir es uns bequem: auf der Strasse vor dem Verladekran. Und weil wir schon ein bisschen älter sind, bringen wir uns einen Stuhl mit und tun zusammen das, was wir sowieso gerne tun: wir reden, stricken, spielen Karten, trinken Tee, tauschen Koch- und Widerstandsrezepte aus… Jede/r wie er/sie mag. Wir setzen uns zusammen, wir setzen uns auseinander, rücken mit unseren Stühlen mal hierhin, mal dorthin und finden uns in immer neuen Gruppierungen.
Graue Zellen geben der Polizei zu denken.
Graue Zellen sind immer in Bewegung. Sie verknüpfen und vermehren sich, bilden eine kritische Masse. Die Stühle zeigen: wir sind hier zuhause. Wir gehen hier nicht weg. Jetzt nicht und auch nicht, wenn der Castor kommt.
Dannenberg – Strasse zum Verladekran.
Und wenn es regnet? Mit Schirm, Charme und Pellerine.
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So., 7.11., 12:00 Uhr, Klein Gusborn, Ortsausgang in Richtung Dannenberg
Probebestattung eines unbekannten Bundestagsabgeordneten nach dem Supergau
Auf dem Ehrenfriedhof für Bundestagsabgeordnete nach dem Supergau, an der Castortransportstrecke
Projekt: Gewissensruhe
Ehrenfriedhof für Bundestagsabgeordnete nach dem Supergau
Installation von Franz Hartmann
Errichtung: Sommer 2001
Im Projekt „Gewissensruhe“ wurde zu Ehren der allzu großen Bemühungen des Deutschen Bundestages einen möglichen Supergau zu verhindern, für den Fall des Scheiterns in Klein Gusborn bei Gorleben bereits jetzt ein Ehrenfriedhof für Bundestagsabgeordnete errichtet, um so im gegebenem Fall den Abgeordneten eine würdevolle Ruhestätte bieten zu können.
Es wurde ein Denkmal für die eventuelle Zukunft geschaffen, das fortan als Mahnmal dienen soll.
Es besteht aus 738 Betonkreuzen mit einer Höhe von 80 cm, die kreisförmig auf ca. 2500 m2 angelegt sind und je einen Namen und das Geburtsdatum eines der 669 Bundestagsabgeordneten sowie der 69 Mitglieder des Bundesrates tragen.
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Armes Dannenberg
Alles was unterwegs ist dorthin
gehört es hierher?
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Letztes Wort
„Lasst mich in Ruhe!“ [zu seiner Tochter Hanne]
Bertolt Brecht, deutscher Schriftsteller, 1956