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3.12.
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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 229/2010 vom 01.12.2010
Bundesgerichtshof entscheidet im Rechtsstreit FAZ und SZ gegen Perlentaucher
Der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Zulässigkeit der Verwertung von sogenannten Abstracts entschieden.
Die Beklagte betreibt auf der Website „perlentaucher.de“ ein Kulturmagazin. Dort hat sie auch Zusammenfassungen (Abstracts) von Buchrezensionen aus verschiedenen renommierten Zeitungen eingestellt. Dazu gehören Buchkritiken aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Süddeutschen Zeitung“, die die Beklagte unter der Überschrift „Notiz zur FAZ“ und „Notiz zur SZ“ in deutlich verkürzter Form wiedergibt. Die Abstracts sind von Mitarbeitern der Beklagten verfasst und enthalten besonders aussagekräftige Passagen aus den Originalrezensionen, die meist durch Anführungszeichen gekennzeichnet sind. Die Beklagte hat den Internet-Buchhandlungen „amazon.de“ und „buecher.de“ Lizenzen zum Abdruck dieser Zusammenfassungen erteilt.

Die Klägerinnen – in einem Rechtsstreit die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, in einem weiteren Rechtsstreit die „Süddeutsche Zeitung“ – sehen in dieser Verwertung der Abstracts durch Lizenzierung an Dritte eine Verletzung des Urheberrechts an den Originalrezensionen sowie eine Verletzung von Markenrechten und einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Sie nehmen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klagen abgewiesen. Auf die Revisionen der Klägerinnen hat der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Bundesgerichtshof hat zwar die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass die urheberrechtliche Zulässigkeit einer Verwertung der Abstracts allein davon abhängt, ob es sich bei den Zusammenfassungen um selbständige Werke handelt, die in freier Benutzung der Originalrezensionen geschaffen worden sind und daher gemäß § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der Urheber der benutzten Werke verwertet werden dürfen. Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht bei seiner Prüfung, ob die von der Klägerin beanstandeten Abstracts diese Voraussetzung erfüllen, aber nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt und zudem nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt.
Das Berufungsgericht muss nun erneut prüfen, ob es sich bei den beanstandeten Abstracts um selbständige Werke im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG handelt. Diese Beurteilung kann – so der Bundesgerichtshof – bei den verschiedenen Abstracts zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, da sich diese Frage nicht allgemein, sondern nur aufgrund einer Würdigung des jeweiligen Einzelfalls beantworten lässt. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, dass in aller Regel nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt einer Buchrezension Urheberrechtsschutz genießt. Es ist urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassung zu verwerten. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, in welchem Ausmaß die Abstracts originelle Formulierungen der Originalrezensionen übernommen haben.
Karlsruhe, den 1. Dezember 2010
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Aus dem Gericht
9:30, Saal 820, Moabiter Kriminalgericht, Turmstr. 91
Angeklagt: Schwerer Betrug, Untreue
Der Vorwurf: Prozess zum sog. ‚DDR-Rundfunkgelände-Skandal‘, bei dem sich die Käufer, die das Grundstück (Nalepastr. 10-50) 2005 erwarben, bereichert haben sollen. (weiter am 8.,15.,17.12.10, 5.,7.,12.,14.,19., 26.1.11)
Zu diesem Fall schrieb am 5.4.2008 Mathew D. Rose
Umstrittener Grundstücksdeal Drei Festnahmen im DDR-Rundfunkgelände- Skandal
Zum Spottpreis. Der große Sendesaal des DDR-Rundfunks. – Foto: ddp
Die Groß-Razzia auf dem Gelände an der Nalepastraße liegt bereits länger als ein Jahr zurück. Doch erst in den letzten Wochen konnten drei Schlüsselfiguren des Skandals um den Verkauf des landeseigenen Geländes verhaftet werden.
Wegen des Verdachts des Betrugs zum Nachteil Berlins und der Neuen Bundesländer wurden am 28. Februar 2007 insgesamt 24 Objekte in Berlin und Sachsen-Anhalt durchsucht. Im Februar und März dieses Jahres sind drei Schlüsselfiguren des Nalepastraßen-Geschäfts festgenommen worden.
Bei dem Verkauf des Areals waren der öffentlichen Hand Millionensummen verloren gegangen. Der Käufer hatte die Immobilie von Berlin und den neuen Bundesländern aus bisher ungeklärten Gründen für einen Spottpreis von 350.000 Euro erworben. Angeblich, um es zu entwickeln. Stattdessen teilte der Käufer das Grundstück auf und veräußerte allein einen kleinen Teil des Geländes für rund 3,9 Millionen Euro weiter – mehr als elfmal soviel, wie er den Ländern für die gesamte Immobilie bezahlt hatte.
Mutmaßlicher Drahtzieher auf Mallorca verhaftet
Bis heute gab es in diesem Fall keine Anklage. Unter den drei in den vergangenen Wochen wegen anderer Delikte Festgenommenen zählt Daniel Fink, der Sohn des ehemaligen Bundestagabgeordneten und Rektors der Humboldt-Universität, Heinrich Fink. Er wurde mit einem internationalen Haftbefehl im März in Mallorca verhaftet. Gegen ihn und acht weitere Personen wird wegen der unberechtigten Nutzung von Leasingfahrzeugen ermittelt.
Fink galt als Drahtzieher des Grundstückgeschäfts, das über ein kompliziertes Netzwerk von Unternehmen im In- und Ausland, das er über Jahre mit aufgebaut hatte, eingefädelt wurde. Fink bestreitet solche Vorwürfe. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat nach Angaben von Justizsprecher Michael Grunwald einen Auslieferungsantrag gestellt.
Undurchsichtiges Netzwerk aus Unternehmen
Für Fink, in dessen Strafregister sich Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Bankrotts und Insolvenzverschleppung finden, könnte dieser neue Fall besondere Konsequenzen haben. Er wurde Ende 2005 vom Landgericht Berlin wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen zu zwei Jahren Haft mit Bewährung verurteilt.
Finks Platzhalter in seinem Unternehmen-Netzwerk, Andreas Walther, wurde am 13. März in Berlin auf dem ehemaligen Rundfunkgelände verhaftet, ebenfalls wegen der unberechtigten Nutzung von Leasingfahrzeugen. Walther, dessen Name bei vielen der beteiligten Firmen der Rundfunkgelände-Deal auftaucht, ist Beschuldigter bei den Ermittlungen in Sachen Nalepastraße.
Der Dritte unter den bisher Verhafteten im Zusammenhang mit den geleasten Fahrzeugen ist Felix Kuschner. Am 23. Februar in U-Haft genommen, wurde er am 20. März wegen Haftverschonung entlassen. Kuschner gilt als Strohmann in dem Nalepastraßen-Geschäft.
Weiterer Prozess gegen Hauptverdächtigen
Dem umtriebigen Fink drohen noch weitere Probleme mit der Berliner Staatsanwaltschaft. Seit Jahren ermitteln Beamte noch in einem anderen Fall gegen Fink und einen Berliner Rechtsanwalt, mit dem Fink in den letzten Jahren mehrfach zusammengearbeitet hat. Dabei geht es um den Verdacht der Insolvenzverschleppung, Untreue, des Betrugs und der Unterschlagung. Fink soll, so der Verdacht, eine Berliner Firma angeblich erst ausgeplündert und danach in die Insolvenz geführt haben. Die Staatsanwälte hatten über Jahre offensichtlich wenig Fortschritte gemacht. Doch über einen Zivilprozess hat der Fall offenbar neuen Aufwind erhalten.
Der Insolvenzverwalter hatte den Anwalt auf die Rückzahlung von rund 67.000 Euro verklagt, welche die Firma, wie der Insolvenzverwalter glaubte, dem Anwalt kurz vor der Insolvenz unberechtigterweise ausgezahlt hatte. Von einem Teil des Geldes, behauptete der Anwalt, habe er die Summe an die Firma zurückgezahlt und legte dem Gericht eine Quittung vor. Doch im Vorfeld des Prozesses hatte der Anwalt dem Insolvenzverwalter ebenfalls eine Quittungskopie – mit derselben Summe und von demselben Geschäftsführer unterschrieben, jedoch mit einem anderen Datum – zugeschickt. Der Anwalt verlor nicht nur den Zivilprozess und muss das Geld nun in die Insolvenzmasse zurückzahlen, sondern der Richter stellte laut Justizsprecher Grunwald Anzeige gegen den Anwalt wegen eines betrügerischen Deliktes. Auf Anfrage wollte der Anwalt sich dazu nicht äußern. (ho/ddp)
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Letztes Wort
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„I’m so bored with it all.“ („Ich habe es so satt.“)
Winston Churchill, britischer Staatsmann, 1965