3.10.
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„Zur Demokratie gehört auch, dass nicht jeder Interessenhaufen zum Volk erklärt wird.“
Dies soll laut Heinz Dürr (Ex-DB) der Sohn des Wüstenfuchses gesagt haben.
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Schäuble spart am gesprochenen Wort
Handelsblatt bringt es ans Licht
Forts. und Schluss
„Ökonomisches Handeln ist und bleibt kein Selbstzweck. Jede freiheitliche Ordnung lebt von Voraussetzungen, die sie selbst zu schaffen gar nicht in der Lage ist. Und genau deshalb müssen Sie, meine Damen und Herren, Repräsentanten der (Finanz-)Elite, Ihren Teil an Verantwortung wahrnehmen. Ihre Vorstandskollegen und Mitarbeiter lernen durch Erfahrungen und Vorbilder. Wenn Eliten den unauflösbaren Zusammenhang von Freiheit – auch unternehmerischer Freiheit – und Verantwortung nicht vorleben, dann wird die Freiheit schwächer.“ Dem Auditorium erspart wird der Satz: „ Sie müssen die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft leben, vorleben, wieder beleben.“ Schäuble fährt fort: „ Ich glaube gar nicht, dass die Menschen so sehr an der sozialen Marktwirtschaft zweifeln, wie manchmal behauptet wird. Ich glaube, viele Bürgerinnen und Bürger fragen sich, ob „denen da oben“ in den Vorstandsetagen Werte wie Ehrlichkeit, Fairness und Gemeinsinn noch wichtig sind.
Das ist eine gefährliche Entwicklung, deren Sprengkraft gar nicht überschätzt werden kann – und zwar sowohl für die politische Legitimation unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und damit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, als auch für die Zukunft des Bankgewerbes selbst.“ Unausgesprochen:
n Wenn sich bei immer mehr deutschen Unternehmen der Realwirtschaft der Eindruck verfestigt, dass Teile des Kreditgewerbes kein Interesse mehr an der Zusammenarbeit mit ihnen haben.
n Wenn es darüber zu einer immer stärkeren Entkopplung des für Wachstum und Wohlstand essentiellen Konnex zwischen Finanz- und Realsektor kommt, weil die Banken im Eigenhandel die x-fache Rendite der klassischen Unternehmensfinanzierung erwirtschaften.
„Ich teile zwar nicht die Auffassung von Paul Volcker, dass die einzig nützliche Innovation, die der Finanzsektor in den letzten 20 Jahren hervorgebracht hat, der Geldautomat ist. Aber es sollte den Verantwortlichen der Finanzwelt doch zu denken geben, dass selbst differenzierte Analysen zu dem Schluss kommen, dass der effektive Wachstumsbeitrag des Finanzsektors in vielen Ländern deutlich überschätzt wird. Der Vorsitzende der britischen Financial Services Authority, Adair Turner, hat kürzlich festgestellt, dass nur ein geringer Teil der Bankaktivitäten die klassische Funktion von Banken erfüllt, nämlich die Bereitstellung von Kapital aus Spareinlagen für produktive Investitionen.
Der Blick auf die Realität zeigt: Es gibt Anzeichen, dass das „Zocken“ auf den Märkten schon wieder begonnen hat, als wäre nichts passiert. Und aus einzelnen Banken hört man, dass intern die „profit center“ allmählich wieder die Oberhand gewinnen über die „cost center“ und Risikomanager – will sagen: Es besteht die Gefahr, dass unbedingte Renditeorientierung erneut die dominierende Rolle bei der Ausrichtung der Geschäftspolitiken spielt.
Ich erwarte von den Finanzmarktakteuren und gerade auch von den Finanzinstituten, dass sie künftig mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Dabei geht es unter anderem um die verantwortungsvolle Bewertung von Risiken im eigenen Geschäftsbereich, um die verantwortungsvolle Beratung von Kunden – sei es ein mittelständisches Unternehmer, der Kämmerer einer Kommune oder ein Privatkunde – und um die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung entsprechend der jeweiligen Größe und Bedeutung.
Ich weiß, dass das in großen Bereichen des deutschen Finanzsektors schon heute umgesetzt wird. Wo das bisher nicht der Fall ist, wünsche ich mir vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Jahre eine Neuorientierung. Dies ist der Beitrag, den der Finanzsektor zum nachhaltigen Wachstum in Deutschland leisten muss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Gysi und andere im Roten Salon
Vorgestern saß Gregor Gysi auf einem Podium des Roten Salons der Volksbühne bei einer Veranstaltung mit dem Titel „200 Jahre Bildzeitung“. Die anderen waren Gerhard Henschel, Karin Reschke und Matthias Vernaldi. Letzterer Rollifahrer, alle anderen sich mehr oder weniger nicht behindert fühlend. Die Verdienste dieser Leute sind Kai Dieckmann einen kaputten Schwanz angehängt zu haben, das Findebuch der Henriette Vogel und das Mondkalb, Zeitschrift des organisierten Gebrechens, die im Jahr ein bis zweimal erscheint (3. Jahrgang).Viel Mühe im Alltag würde Gysi nach eigener Angabe der Lösung der Frage zukommen lassen, wie die Sachverhalte kurz und aufnehmbar für eine Discount-Kassiererin kommuniziert werden könnten. Es gebe im Land zu viele schlichte Menschen sagt er, und es fehlte eine linke Bildzeitung, oder sie herzustellen wird angepackt, gelingt aber nicht. Die linke Partei ist eine gesellschaftlich notwendige Institution, ihr Erfolg ist abhängig vom Niedergang einer Masse Menschen. Insofern ist sie vergleichbar einem Bestattungsunternehmen im Krieg, das tüchtig einzusargen hat. Machte die Partei was Anderes, wenn sie regierte? Priorität in der Politik ist nicht, dass die Teller voll sind, sondern dass der Globus als lebenswert in andere Hände von uns zu geben ist. Der Text schweift vom Abend ab. Es gab noch eine Band mit Namen „Der singende Tresen“ und einer Sängerin in Schwarz mit Brille, zu großem Männerjackett mit ausgebufften Schultern und zu kleinem Hütchen, Manja Präkels, die sehr nachdenklich machende Texte zu einem irren Groove ihrer Combo mit Xylophon und dem ganzen Instrumentenkoffer von Gitarre bis Blasinstrumente zu Gehör brachte und dabei immer Konfetti aus ihrer Jackentasche verstreute. Markus Liske, der Texte für die Band schreibt, hat auch eigenes selbst vorgetragen. Des weiteren bereicherte den Abend ein hellwacher blitzgescheiter lustiger Moderator und Carsten Krampitz als warm upper, der aus „Berliner Abendblättern“ eines gewissen Heinrich von Kleist vorgetragen und dessen Projekt vorgestellt hat. Selbige kamen übrigens ohne Bild aus.
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Behinderte Fragen
Wie äußert es sich, wenn Leute mit Muskelschwund Parkinson bekommen?
Es gibt Krankheiten, die sind so schwer, dass sie andere toppen. Die meisten Arten von Muskelschwund weisen in ihren Spät- und Finalstadien eine solche Symptomatik auf. Es äußert sich deshalb gar nicht, wenn Leute mit Muskelschwund Parkinson bekommen. In ihrem Hirn spielen sich die typischen Zersetzungsprozesse ab – und niemand bemerkt es. Die sogenannten Leitsymptome von Parkinson sind Rigor, Tremor und Bradykinese. Auf Deutsch heißt das, dass die Muskeln zeitweise erstarren, fast ununterbrochen zittern und die Bewegungsabläufe insgesamt verlangsamt sind. Ein Muskelschwündler bewegt sich irgendwann so gut wie gar nicht mehr, auch nicht verlangsamt. Die Reste des Gewebes, was man gemeinhin als Muskel bezeichnet, sind nicht mehr in der Lage zu erstarren oder gar ununterbrochen zu zittern. Im Spätverlauf der Parkinsonerkrankumg kommt es häufig auch zu Halluzinationen. Erst an diesem Punkt hat der Muskelschwündler die Chance, seiner Mehrfachbehinderung gewahr zu werden, zum Beispiel wenn sich im Schlafzimmer mehr Assistenten aufhalten, als zum Team gehören. Die Antwort auf diese Frage zeigt uns, dass man eine schwere Erkrankung bekommen kann, ohne sie überhaupt zu bemerken. Noch interessanter ist der Fall, wenn ein Parkinsonpatient Muskelschwund bekommt. Es wäre für ihn eine Heilung.
Matthias Vernaldi
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Letztes Wort
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„Ventrem feri!“ („Triff mich in den Bauch!“) [zu von ihrem Sohn geschickten Mördern] Quelle: Tacitus, Annales XIV, 8, Agrippina (59), Mutter des römischen Kaisers Nero und mutmaßliche Gründerin Kölns.